Die Innopool’s Lessons Learned sollen Ihnen wichtige Erkenntnisse aus der Praxis näherbringen. Im #2 wurde aufgezeigt, dass der «Elevator Pitch» am Anfang des Suchprozesses steht und zentral ist, um an die richtigen Schlüsselpersonen zu gelangen und diese vom Unternehmen zu überzeugen. Das Ende des Suchprozesses markiert die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags. Dieser Vertrag besiegelt den Stellenwechsel formal und stellt einen wichtigen Meilenstein der Rekrutierung dar; doch gilt es weitere Faktoren bis zum erfolgreichen Stellenantritt zu berücksichtigen.
Versetzen Sie sich in die Situation eines Mediziners, welcher für einen Chefarztposten angefragt wird und sich in den Bewerbungsprozess begibt. Sie werden die nächsten Wochen nah begleitet und den Rekrutierungsprozess als eng getaktet erleben: Auf das Erstgespräch mit der oder dem Verantwortlichen für den Suchprozess folgt die Einladung in den Wahlausschuss und bei positivem Verlauf die Vorstellung im Verwaltungsrat. Nachdem Sie auch diesen überzeugt haben, kündigen Sie Ihre aktuelle Stellung und unterschreiben den Arbeitsvertrag. Aus emotionaler Sicht ist dies der vorläufige Höhepunkt im Prozess. Sie haben sich gegenüber zahlreichen Bewerbenden durchgesetzt und stehen vor dem nächsten Karriereschritt. Und jetzt?
Üblicherweise beträgt die Kündigungsfrist der gewählten Person ein halbes Jahr, und vielleicht wird die Gelegenheit genutzt, zusätzlich eine Pause einzulegen. So können bis zu 12 Monaten zwischen Vertragsunterzeichnung und Stellenantritt liegen. In dieser Zeit verfliegt die Euphorie über den erlangten Wahlerfolg, die gewählte Person kehrt in ihr bisheriges Umfeld zurück und steht vielleicht nur punktuell mit ihrem zukünftigen Arbeitgeber in Kontakt. Dies stellt einen grossen Gegensatz zum vormals eng getakteten Bewerbungsprozess dar. Die Erfahrung zeigt, dass gerade in dieser Zeit bei gewählten Personen Zweifel am geplanten Schritt auftauchen können, v. a. wenn sie alleine gelassen werden und die Distanz zum Unternehmen zu gross ist. Im Worst Case wird die Stelle nicht angetreten, was einen neuen, ressourcenintensiven Suchprozess zur Folge hat. Der neue Arbeitgeber hat zwar aufgrund des unterzeichneten Vertrages die Möglichkeit, rechtliche Schritte einzuleiten; aber ein Unternehmen wird kaum eine Person dazu verpflichten, eine nicht gewollte Stelle anzutreten.
Wir beobachten, dass dieser Übergangsphase von Seiten Unternehmen zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet und die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags als Endziel des Suchprozesses wahrgenommen wird. Doch – um auf eine Analogie aus dem Eishockey zurück zu greifen – diese stellt im Endeffekt erst den Start des zweiten Drittels einer Partie dar. Das Ziel dieses zweiten Drittels muss es sein, der gewählten Person Sicherheit zu vermitteln und ihr das darauffolgende Onboarding – das dritte Drittel – so leicht wie möglich zu machen. Doch wie ist dieses zweite Drittel erfolgreich zu spielen?
Fragen Sie die gewählte Person, welches ihre Erwartungen sind und in welchem Grad sie bereits in das Unternehmen einbezogen werden möchte. Je nach Persönlichkeit und zeitlicher Auslastung werden die Bedürfnisse unterschiedlich sein. Möglichkeiten zum Einbezug gibt es zahlreiche. So bietet sich die Einbindung in laufende Projekte genauso an wie ein erster Einführungstag, der Austausch mit anderen Schlüsselpersonen oder das Einladen zu internen Anlässen. Der Kontakt darf keine Alibiübung sein, sondern einen (inhaltlichen) Mehrwert für beide Seiten darstellen. Dabei steht Qualität vor Quantität – eine gewisse Regelmässigkeit im Kontakt ist zu gewährleisten.
Unsere Lesson Learned ist demnach, dass die Zeit zwischen Vertragsunterzeichnung und Stellenantritt eine neuralgische Stelle im Prozess darstellt und genau so sorgfältig wie die Identifizierung von Kandidaten oder das anschliessende Onboarding geplant werden muss. Das erspart allen Involvierten Energie, Zeit und Geld.