Michèle Etienne und Diversität: Gut durchmischte Führungsgremien erzielen Mehrwerte in verschiedenen Dimensionen

Michèle Etienne erlebte schon in ihrer frühen Kindheit Diversität auf verschiedenen Ebenen. Beruflich war sie 2006 mit 34 Jahren eine der jüngsten Verwaltungsrätinnen und engagiert sich seither als Pionierin im Executive Search auf die Erhöhung des Frauenanteils in strategischen und operativen Führungsgremien.

Diversität begleitet mich das ganze Leben auf verschiedenen Ebenen. Lange Zeit war es mir aber nicht explizit bewusst. Aus einer binationalen Familie stammend – mein Vater war Schweizer, meine Mutter kommt ursprünglich aus Tschechien – erlebte ich Diversität als Erstes hinsichtlich Sprache und kulturellem Hintergrund.

Meine Eltern waren beide stets berufstätig, mein Vater als KMU-Unternehmer mit 100 Mitarbeitenden in der Lederwarenfabrikation, meine Mutter als Inhaberin zweier Lederwarengeschäfte im Detailhandel. Dieses engagierte, multikulturelle und arbeitsame Umfeld hat mich stark geprägt. Getreu dem Motto: «Du kannst Vieles erreichen, wenn Du Dich anstrengst» wuchs ich mit einer gesunden Portion Selbstvertrauen und im Glauben auf, dass letztlich nur die Leistung über den Erfolg entscheidet.

Mit 27 Jahren gründetet ich direkt nach dem Doktorat der Betriebswirtschaft gemeinsam mit Dr. Kurt Aeberhard die erste eigene Firma. Auch hier erlebte ich keine Hindernisse, welche mir aufgrund meines Geschlechts in den Weg gelegt worden wären. Wenn Fragen auftauchten, dann war es primär meines noch jugendlichen Alters und der damit verbundenen fehlenden Erfahrung geschuldet.

Erste Fragen zur geschlechterspezifischen Diversität stellten sich, als ich Mitte Dreissig die ersten Verwaltungsratsmandate übernehmen durfte und dort hinsichtlich Alter und Geschlecht zur absoluten Minderheit gehörte. Diese Erfahrung teilte ich mit Dr. Barbara Rigassi, einer der ganz wenigen VR-Kolleginnen, welche ich damals hatte. Wir fragten uns: «Gibt es nicht mehr Frauen, welche für solche Funktionen in Frage kommen, wollen sie diese gar nicht oder liegt es an der mangelnden Sichtbarkeit?»

Als Unternehmerinnen beliessen wir es nicht beim Austausch, sondern wurden aktiv und gründeten Ende 2007 die Firma GetDiversity mit dem Ziel, Unternehmen und Organisationen dabei zu unterstützen, passende Kandidatinnen für strategische Gremien wie Verwaltungs- und Stiftungsräte zu finden. Für die Vernetzung und die Erhöhung der Sichtbarkeit bauten wir parallel zur Vermittlung ein aktives Netzwerk von über 100 erfahrenen und angehenden Verwaltungsrätinnen auf.

Mit dieser Initiative konnten wir bis zum Verkauf Ende 2016 über 100 Frauen in Verwaltungs- und Stiftungsräten platzieren. Mit einer Vielzahl an Vorträgen, Publikationen und Netzwerkanlässen leisteten wir darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der öffentlichen Wahrnehmung und dem Verständnis dafür, dass gut durchmischte Gremien einen vielfachen Mehrwert für die Unternehmen erzielen.

Bis heute begleite ich mit grosser Freude Entscheidungsgremien bei der Suche und Auswahl der richtigen Führungspersönlichkeiten – Frauen und Männer, Babyboomer und Generation Y, auf strategischer und operativer Ebene. Dabei hilft mir neben der oben geschilderten Erfahrung auch die Arbeit als VRP und VR-Mitglied verschiedener Institutionen sowie die langjährige Expertise in der Strategie- und Organisationsentwicklung.