In unserer Gesellschaft ist die Dreiteilung des Lebens in Ausbildung, Arbeit und Pensionierung stark verankert.
Geprägt wurde dieses Modell durch die Einführung der AHV im Jahre 1948. Damals betrug die Lebenserwartung 66.4 Jahre bei Männern und 70.9 Jahre bei Frauen. Im Gegensatz zu damals liegt die durchschnittliche Lebenserwartung heute rund 15 Jahre höher, und wir bleiben erfreulicherweise auch länger gesund. Am AHV-Alter hat sich dagegen praktisch nichts verändert.
Eine Studie der SwissLife aus dem Jahr 2021 (https://www.swisslife.ch/de/private/blog/laenger-leben.html) zeigt auf, dass bereits heute fast die Hälfte der über 64-Jährigen auf freiwilliger Basis weiterarbeitet. Voraussetzungen sind eine gute Gesundheit, ein gutes Arbeitsklima sowie Wertschätzung am Arbeitsplatz.
Ein Paradigmenwechsel als Chance
Im Kontrast zur demografischen Entwicklung und zur Bereitschaft vieler Arbeitnehmender länger zu arbeiten bekunden viele Arbeitgeber Schwierigkeiten, den Zeitpunkt der Pensionierung flexibel zu denken. Auch in unseren Rekrutierungsmandaten stellen wir fest, dass die Entscheidungsträger reflexartig von einem Zeithorizont von 65 Jahren ausgehen. Auf diesen Zeitpunkt hin richten sie den Rekrutierungsprozess aus. Kandidatinnen und Kandidaten, welchen in diesem Modell weniger als fünf bis sechs Jahre Berufszeit verbleiben, haben es schwer. Insbesondere wenn sie nicht bereits in den Bewerbungsunterlagen zu erkennen geben, wie sie ihre berufliche Zukunft sehen bzw. darlegen, dass sie die Motivation und Energie haben länger zu arbeiten.
Der Mangel an Fachkräften akzentuiert sich aktuell auch auf Stufe Geschäftsleitung (C-Level). Genauso wie viele Mitglieder von Verwaltungsräten für sich in Anspruch nehmen, ihre Tätigkeit nach dem offiziellen Pensionierungsalter fortzuführen, sollten wir auch auf Stufe Geschäftsleitung eine Offenheit für individuelle Lösungen entwickeln.
Dazu gehören neben der Möglichkeit länger zu arbeiten die Optionen Verantwortung zu teilen (Top-Sharing-Modelle) oder das Angebot von Teilzeitpensen. Eine starre Orientierung am Alter ist aus unserer Sicht passé. Mit dieser Haltung sichern sich Arbeitgeber nicht nur einen Extra-Pool an Erfahrung und Leistungsausweisen. Mehr Kandidatinnen und Kandidaten bedeutet letztlich mehr Auswahl und damit eine grössere Wahrscheinlichkeit, den oder die „Richtigen“ zu finden.